Wie läuft die Strahlentherapie ab?

Erstgespräch

Zu Beginn führt der Arzt mit Ihnen ein ausführliches Erstgespräch.

Im Vorfeld haben wir Ihre Krankenunterlagen bereits erhalten, so dass wir über Ihre Krankengeschichte unterrichtet sind und Gelegenheit hatten, eventuell mit den überweisenden oder operierenden Kollegen Rücksprache zu halten. Wenn Sie darüber hinaus noch zusätzliche Unterlagen, zum Beispiel Röntgenbilder oder Arztbriefe, bei sich haben, bringen sie diese zum Erstgespräch mit.

Bereiten sie sich auf das Gespräch vor. Notieren Sie sich alle Fragen, die Ihnen wichtig sind. Ihre Anliegen sind für die Planung der Strahlentherapie sehr wichtig. Im Gespräch informieren wir sie dann über das Therapieziel, den Behandlungsablauf, sowie mögliche Nebenwirkungen und Alternativen. Wir werden Sie noch einmal persönlich nach dem Verlauf Ihrer Erkrankung und den bisher durchgeführten therapeutischen Maßnahmen befragen.

Wenn Sie möchten, kann eine Person Ihres Vertrauens Sie gerne zum Erstgespräch begleiten.

Einverständniserklärung

Im Anschluss an das Erstgespräch werden wir Ihnen einen Aufklärungsbogen aushändigen, der als Einverständniserklärung dient. Sie unterzeichnen ihn vor der ersten Bestrahlung, wenn Sie mit der Strahlentherapie einverstanden sind.

Der Aufklärungsbogen hat eine ähnliche Funktion wie der Beipackzettel eines Medikamentes und enthält alle bekannten Nebenwirkungen der Strahlentherapie. In vielen Fällen treten diese aber nur sehr selten auf. Ob und welche Nebenwirkungen in Ihrem Fall auftreten können, wird der behandelnde Arzt mit Ihnen eingehend besprechen.

Behandlungsplanung

Wir planen ihre bevorstehende Bestrahlung. Es handelt es sich um den aufwendigsten Teil der Strahlentherapie. Ziel der Bestrahlungsplanung ist es, den Krankheitsherd genau und vollständig zu erfassen und das gesunde Gewebe und Organe möglichst zu schonen. Die Computertomographie ist ein wesentlicher Baustein der Planung: der zu bestrahlende Körperabschnitt wird scheibchenweise mit allen Nachbarorganen dargestellt. Bilder und Daten werden dann in den Bestrahlungscomputer eingelesen.

Der behandelnde Arzt zeichnet dann gemeinsam mit dem Medizinphysiker das Zielvolumen millimetergenau ein und ermittelt so die für Sie optimalen Bestrahlungsfelder.

Simulation

Vor Beginn der Bestrahlung müssen die Bestrahlungsfelder genau an die anatomischen Strukturen des Patienten angepasst werden.

Deshalb simulieren wir die Bestrahlung zunächst. Die Grösse des Bestrahlungsfeldes wird genau berechnet, die Strahlrichtung festgelegt, der Abstand zur Haut definiert. So entsteht ein dreidimensionaler punktgenauer Bestrahlungsplan. Damit wir diese komplizierten Einstellungen nicht bei jeder Bestrahlungssitzung erneut vornehmen müssen, markieren wir festgelegte Punkte mit einem speziellen Stift auf der Haut.

Die Markierungen auf der Haut dürfen nicht abgewaschen werden. Andernfalls müssen wir die aufwendige Prozedur noch einmal wiederholen. Die Simulation erfordert von Ihnen etwas Geduld, weil Sie möglichst ruhig liegen müssen, damit die Feldeinstellungen exakt vorgenommen werden können.

Für Patienten, die im Kopfbereich bestrahlt werden, fertigen wir vor der Simulation besondere Masken aus Kunststoff an. Die Lagemarkierungen werden dann auf der Maske eingezeichnet. Die Anfertigung Ihrer Maske nimmt etwas Zeit in Anspruch. Mit der Maske stellen wir auch sicher, dass der Kopf sich während der Bestrahlung nicht bewegt.

Bestrahlungssitzungen

Die Bestrahlungssitzungen finden täglich (nicht am Wochenende) in der Regel über 4-6 Wochen statt.

Die Bestrahlung ist vollkommen schmerzlos und dauert zwischen einer und maximal sechs Minuten. Im Bestrahlungsraum werden Sie auf den Bestrahlungstisch gelagert. Die Assistentinnen verwenden eventuell Kopf- und Armstützen. Falls der Kopf bestrahlt wird, legt die Assistentin Ihnen Ihre Maske an.

Mit Hilfe eines ungefährlichen Laserlichtes wird das Bestrahlungsgerät genau auf die Markierungen ausgerichtet. Anschließend bleiben Sie für die kurze Zeit der Bestrahlung allein im Therapieraum. Sie sind aber mit uns in ständiger Verbindung und können über eine Sprechanlage jederzeit Kontakt mit uns aufnehmen.

Terminplanung

Ihre Bestrahlungstermine werden üblicherweise einmal wöchentlich festgelegt und finden nach Absprache mit Ihnen möglichst immer um die gleiche Uhrzeit statt. Wir bemühen uns, ihren persönlichen Tagesrhythmus zu berücksichtigen. Ihr täglicher Aufenthalt bei uns einschließlich einer kurzen Wartezeit wird etwa 15–20 Minuten pro Sitzung betragen.

Was muss ich während der Behandlung beachten?

  • Eine der wichtigsten Voraussetzungen für den optimalen Heilungsverlauf ist, dass Sie sich wohlfühlen. Spaziergänge und das Beisammensein mit lieben Menschen kann Ihnen dabei helfen.
  • Die Haut im Bestrahlungsfeld darf während der Behandlung nur mit Substanzen gepflegt werden, die vom Strahlentherapeuten verordnet wurden. Bei der Behandlungsplanung werden die exakt ermittelten Bestrahlungsfelder mit einem speziellen Stift auf die Haut aufgezeichnet. Wenn diese Feldeinzeichnungen nicht mehr erkennbar sind, müssen die Einstellungen wiederholt werden.
  • Ernähren sie sich möglichst ausgewogen. Bislang konnte durch keine wissenschaftliche Studie belegt werden, dass spezielle Krebsdiäten das Tumorwachstum nachhaltig beeinflussen würden. Auch hinsichtlich der Verträglichkeit einer Strahlenbehandlung gibt es keine allgemeingültigen Diätempfehlungen. Wenn die Schleimhaut der Speiseröhre oder der Mundhöhle im Bestrahlungsfeld liegen, werden Sie möglicherweise saure oder scharf gewürzte Speisen oder auch Fruchtsäfte als unangenehm empfinden.
  • Passen Sie Ihre Aktivitäten an die neue Situation an. Als berufstätiger Patient sind Sie über die Dauer der Strahlentherapie selbstverständlich krankgeschrieben. Manche Patienten, die in guter körperlicher Verfassung sind, kommen mit ihrer Situation jedoch besser zurecht, wenn sie zumindest stundenweise in ihrem Beruf tätig sein können. Bedenken Sie aber, dass Ihre Belastbarkeit durch die Gesamtumstände Ihrer Erkrankung und Therapie deutlich herabgesetzt ist. Vermeiden sie Stress. Im Bedarfsfall sind wir Ihnen gerne dabei behilflich, eine Haushaltshilfe zu beantragen.

Bitte bringen sie zu allen Behandlungsterminen folgende Unterlagen mit, falls sie diese besitzen:

  • Arztbrief mit Untersuchungsbefunden, Histologie, gegebenenfalls Operationsbericht
  • Röntgen-, Scintigraphie-, CT- und MRT-Bilder, jeweils mit Befunden (erhalten Sie von Ihrem Arzt)
  • Falls jemals eine Bestrahlung vorher stattgefunden hat: Bestrahlungsprotokolle und Simulationsaufnahmen dieser Strahlentherapien
  • Informationen über zusätzliche Erkrankungen (z.B. Herz-, Lungen- oder Nierenerkrankungen)
  • Auflistung der Medikamente, die Sie regelmässig einnehmen
  • Blutgruppenausweis
  • Impfkarte
  • Allergieausweis
  • Überweisungsschein
  • Krankenkassenausweis/Chipkarte

Welche Nebenwirkungen hat die Strahlentherapie?

Wie jede stark wirksame Behandlung verursacht auch die Strahlentherapie Nebenwirkungen. Wie stark diese ausfallen, hängt von der Art und Dosis der Bestrahlung ab und von der individuellen Empfindlichkeit ihres Körpers.

Oft rötet sich die Haut im Bestrahlungsfeld oder wird wund wie bei einem Sonnenbrand. Die Behaarung fällt dabei nur innerhalb der Feldgrenzen aus, nicht anderswo. Im Hals kann das Schlucken schmerzhaft werden. Bei Bestrahlungen der Unterleibsorgane sind die Harnblase und der Enddarm empfindliche Strukturen, die mit schmerzhaften Reizungen reagieren können.

Die meisten Patienten erleben wärend der Therapie eine leichte Ermüdbarkeit und fühlen sich appetitlos und geschwächt. Körperliche Bewegung an der frischen Luft kann dabei wohltuend sein.

Alle diese frühen Nebenwirkungen bilden sich nach dem Ende der Bestrahlungsserie in aller Regel zurück. Selbstverständlich erhalten Sie von uns die jeweils passenden Medikamente und Begleittherapien. Auch Sie selbst können viel tun, z.B. auf Ihre Ernährung achten und nicht mehr rauchen.

Selten kommt es dazu, daß innere Organe wie die Lunge oder die Nieren unter der Strahlentherapie langdauernde Entzündungen und Vernarbungen entwickeln. Die Ärzte und Physiker legen größte Sorgfalt darauf, diese Organbelastungen so niedrig wie möglich zu halten. Leider ist die völlige Schonung der sogenannten Risikoorgane nicht immer möglich, wenn sie neben einem Tumor liegen. Ein Restrisiko für Spätfolgen bleibt darum auch bei modernen Bestrahlungstechniken bestehen.

Nicht alle Nebenwirkungen müssen bei jedem Patienten auftreten. Die meisten Betroffenen tolerieren die Strahlentherapie sehr gut; viele können ihr Alltagsleben währenddessen unbeeinträchtigt fortsetzen oder sogar weiter zur Arbeit gehen. Über die individuellen Nebenwirkungen, mit denen Sie rechnen müssen, wird der Arzt Sie in einem persönlichen Gespräch ausführlich informieren.

Wie geht es nach der Strahlentherapie weiter?

Nach der letzten Bestrahlung folgt ein ausführliches Gespräch über das Nachsorgekonzept, an dem auch Ihr Internist oder Hausarzt beteiligt ist. Die Nachsorgeuntersuchungen finden zunächst in dreimonatigen, später dann in jährlichen Abständen statt.

Unabhängig davon wird 5-6 Wochen nach Beendigung der Strahlentherapie eine Kontrolluntersuchung durchgeführt, weil die Begleiterscheinungen der Behandlung erst nach dieser Zeit abgeklungen sind.

Auch nach erfolgreichem Abschluss der Behandlung bestehen Sorgen und Ängste mitunter weiter. Oft müssen in diesem Zusammenhang Fragen über die persönliche, familiäre und berufliche Situation und Zukunft neu überdacht werden. Wenn sie Patient des Klinkums Konstanz sind, kann es hilfreich sein, während des stationären Aufenthalts mit der Sozialberatung im Klinikum Kontakt aufzunehmen. Geschulte Mitarbeiter helfen Ihnen, diese schwierige Zeit zu meistern.

Wie funktioniert die Strahlentherapie?

Die Strahlentherapie ist neben der Operation und der Chemotherapie, also der medikamentösen Behandlung, die dritte Behandlungsform zur Krebsbekämpfung. Während in manchen Fällen die Strahlentherapie allein ausreichend ist, erzielt in anderen Fällen die Kombination von zwei oder drei Behandlungsformen den grösseren Erfolg. In der interdisziplinären Tumorkonferenz wird die Behandlungsmodalität für jeden einzelnen Patienten mit den Kollegen gemeinsam diskutiert, festgelegt und dokumentiert.

Mit unseren modernen Linearbeschleunigern können wir heute verschiedene Arten von Strahlen mit sehr hoher Energie zu erzeugen, die auch die in der Tiefe des Körpers gelegene Tumoren erreichen. Das schont Nachbarorgane und die Hautoberfläche. Mit der rasanten Entwicklung bildgebender Verfahren wie der Computer- und der Kernspintomographie können wir zudem eine sehr präzise Behandlungsplanung vornehmen. In manchen Fällen wird die Strahlenquelle sogar tumornah in den Körper eingebracht.

Wie wirkt die Strahlentherapie auf den Tumor?

Radioaktive Strahlung ist eine „Wachstumsbremse“ für das Tumorgewebe. Ziel der Strahlentherapie ist es, die Teilung der Tumorzellen und damit das Tumorwachstum zu verhindern bzw. die Tumorzellen absterben zu lassen.

Tumoren entstehen durch die unkontrollierte Teilung von veränderten Zellen. Die Strahlung verändert die Struktur der im Zellkern enthaltenen DNS derart, dass die Zelle ihre Fähigkeit zur Teilung verliert und schließlich abstirbt. Das zelleigene Reparatursystem ist in Tumorzellen sehr viel schwächer ausgeprägt als in gesunden Zellen, so dass die Bestrahlung auf das Tumorgewebe eine größere Wirkung hat als auf das angrenzende gesunde Gewebe. Während sich die intakten Zellen allmählich wieder regenerieren, werden die erkrankten Zellen im Laufe der Behandlung immer mehr geschwächt und schließlich zerstört. Diese biologische Grundlage macht die Strahlentherapie erst möglich.

Die erforderliche Strahlendosis ist individuell verschieden. Sie wird für jeden Patienten genau berechnet und liegt meist zwischen 40 und 70 Gray (Gray ist die Maßeinheit für die Strahlendosis). Abhängig von verschiedenen weiteren individuellen Faktoren wird diese Dosis auf eine bestimmte Anzahl von Bestrahlungssitzungen verteilt. Diese Verteilung der Strahlenmenge nennt man Fraktionierung. Dabei gilt die Faustregel: je größer die Anzahl der Einzelbestrahlungen, desto besser die Verträglichkeit der Strahlenbehandlung.

Mit der Strahlentherapie können wir eine Reihe von bösartigen Erkrankungen heilen. Für andere Tumore ist die Operation die bessere Variante. Eine chirurgische Behandlung ist nicht immer möglich. Beispielsweise kann die Tumorgröße oder die Lage des Tumors Grund sein, dass eine Operation nicht angezeigt ist, um lebenswichtige Strukturen nicht zu verletzen.

Heute kann die Strahlentherapie eine mit Organverlust verbundene Operation oftmals vermeiden. Beispielsweise ist bei Brustkrebs eine Brustamputation wie in früheren Jahren heute meistens nicht mehr notwendig. Bei Kehlkopfkrebs kann mit der Strahlentherapie der Kehlkopf und damit die Stimme erhalten werden. Beim Prostatakarzinom ist eine Radikaloperation meist mit einem Verlust der Potenz verbunden. Mit der Strahlentherapie kann sie aber ohne Reduktion der Heilungschancen meist erhalten werden.

Zuletzt bearbeitet: 30. September 2019